Ein Ritual der Arbeitgeber und deren Verbände ist es, bei Lohnverhandlungen regelmäßig davor zu warnen, dass Löhnerhöhungen über drohende Rationalisierungsmaßnahmen Arbeitsplätze gefährden oder die Produktion ins Ausland verlagert werden müsse. Damit sei der Wohlstand des Landes gefährdet. Dass einige Unternehmer reumütig nach Deutschland wieder zurückkommen, scheint jedoch eher eine unbedeutende Notiz am Rande zu sein.
Der zu beobachtende Arbeitsplatzabbau stützt die Befürchtung, dass die Arbeitslosigkeit durch Lohnerhöhungen steigt. Es ist jedoch unabhängig vom Lohnniveau nicht rational, vorhandenes Verbesserungspotential brachliegen zu lassen. Die moralische Empörung über hoch profitable Unternehmen, die noch effizienter werden wollen und den Abbau von Arbeitsplätzen in Kauf nehmen, ist verfehlt, wenn sie sich denn an die wirtschaftspolitischen Spielregeln halten. Deshalb gilt es die Spielregeln zu überprüfen, wenn sie solch negative Konsequenzen zur Folge haben.
Tatsächlich beschleunigen hohe Löhne den Zwang zur Rationalisierung:
Hohe Löhne bedeuten hohe Anforderungen. Sie erfordern die Bereitstellung von Problemlösungs-kapazitäten. Da nur Menschen diese Fähigkeiten besitzen, benötigen Unternehmen ein professionelles Human-Ressource-Management, das der Frage nachgeht, wie man möglichst hoch motivierte und qualifizierte Mitarbeiter gewinnen kann. Die Angestellten eines Unternehmens sind deshalb tunlichst als Partner und nicht als Untergebene zu betrachten. Die Anforderung Problemlösungskapazitäten zu schaffen, werden an das Bildungssystem weitergereicht. Die Notwendigkeit der Förderung der staatlichen und betrieblichen Bildungs- und Erziehungssysteme erzwingt sowohl die Bereitstellung von öffentlichen Haushaltsmitteln als auch die Ergänzung durch private Budgetmittel. Das Ziel ist es, Menschen zu aufgeklärten und urteilsfähigen Bürgern zu entwickeln. Damit sind die Grundlagen für die Entwicklung von Kultur, Wissenschaft und Technik gelegt. Zum einen wird das Gemeinwesen demokratische verfasster Staaten verbessert. Zum anderen wird die Rationalisierung der betrieblichen Prozesse zur Erhöhung der Effizienz ermöglicht.
Die Rationalisierungsmaßnahmen haben zwei verschiedene Konsequenzen.
Konsequenz 1:
Im Sinne der Erkenntnisse der Evolutionslehre führt diese Entwicklung zu steigenden Produktivitätsraten, während andererseits aufgrund des Gesetzes vom abnehmenden Grenznutzen das Wachstum zurückgeht. Die Folgen sind Entlassungen und Arbeitslosigkeit sowie die Notwendigkeit der Erhöhung von Abgaben und Steuern.
Der gesellschaftliche Bankrott ist vorprogrammiert.
Konsequenz 2:
Doch auf die Rationalisierung der Prozesse und gesellschaftlichen Strukturen kann nicht verzichtet werden, da erst sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen. Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln gezeigt, muss die Erwerbstätigenquote über die die Verkürzung der Arbeitszeit erhöht werden. Dadurch sinken Arbeitslosigkeit und Lohnnebenkosten. In Verbindung mit Effizienzsteigerungen durch Rationalisierung steigt die Wettbewerbsfähigkeit.
Die Folge ist die Möglichkeit der weiteren Erhöhung der Löhne. Darüber hinaus steigt als Nebeneffekt die bislang brachliegende Inlandsnachfrage.
Ein positiver Regelkreis ist entstanden: Höhe Löhne ermöglichen hohe Löhne.
Die Folge ist die Wohlfahrtsmaximierung in der Freizeitgesellschaft.