Ralf Einert

DER WELTGEIST - Werk 2:

Analysen zu einem Wandel in der Wirtschaftspolitik

Einleitung (Ungleichheit)

"Jeder ist seines Glückes eigener Schmied."

"Man muss nur wollen, dann findet man schon was."

"Nur wer arbeitet soll auch essen."

Ist die Welt mit dieser Art Volksweisheiten tatsächlich so einfach gestrickt?

Warum wird für das Existenzminimum gearbeitet, obwohl es als scheinbare Alternative Hartz IV gibt?

Der Abstand zwischen Arm und Reich vergrößert sich statistisch signifikant. Sowohl der Anteil der armutsgefährdeten als auch der Anteil der einkommensstarken Menschen an der Gesamtbevölkerung steigt deutlich.

Das Bildungsniveau der Bevölkerung ist im Laufe des letzten Jahrhunderts erheblich besser geworden. Der Anteil der Abiturienten und Akademiker hat sich vervielfacht; der Schulunterricht ist weniger auf das Auswendiglernen und mehr auf Verständnis von Zusammenhängen fokussiert; das Lösen von Aufgaben steht im Vordergrund. Trotzdem wird behauptet, mangelnde Bildung sei eine wichtige Ursache für Armut. Armut wäre folglich individuell verursacht. Das ist aber unlogisch: Wenn die Menschen immer klüger würden, müsste die Armut abnehmen. Es muss also andere Ursachen für die zunehmende relative Armut in Deutschland geben.

Dies deutet darauf hin, dass ein bedeutender Anteil der Bevölkerung systematisch von der Nutzung der gesellschaftlichen Strukturen ausgeschlossen sein könnte. Die systembedingten Ursachen der notwendigen Entstehung von Ungleichheit im Lebenszyklus von Gesellschaften werden anhand der Entwicklung von Produktivität und Arbeitsnachfrage analysiert.

Zur Produktivität:

Es liegt auf der Hand, dass die Effizienz der Produktion und Herstellung von Gütern und Dienstleistungen aufgrund der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung kontinuierlich steigt.

Zur Arbeitsnachfrage:

In dessen Folge nimmt die Nachfrage nach hoch spezialisierten Fachkräften zu. Das obere Einkommensniveau steigt überproportional, zumal die Produktivitätsgewinne im Allgemeinen den Leistungen des Top-Managements zugesprochen werden und nicht den funktionierenden gesellschaftlichen Strukturen, die hauptsächlich von den einfachen Menschen aufrechterhalten werden.

Konsequenz:

Die einfachen Arbeiten werden wegrationalisiert oder in Niedriglohnländer verlagert. Es entsteht Arbeitslosigkeit; das Phänomen des Lohndumpings bleibt bestehen. Folglich müssen Arbeitslosigkeit und Lohndumping nach Möglichkeit durch Arbeitslosengeld und Tarifverträge kompensiert werden. Mit der weiteren gesellschaftlichen Entwicklung vergrößert sich der betroffene Personenkreis.

Das bedeutet:

  1. Immer mehr Menschen werden in fortgeschrittenen Industrienationen systematisch von der Nutzung der gesellschaftlichen Strukturen ausgeschlossen.
  2. Die Erzielung hoher Einkommen aufgrund der Erhöhung der Produktivitätsraten wird erst durch die gesellschaftlichen Strukturen, die von der gesamten Bevölkerung aufrechterhalten werden, ermöglicht.
  3. Armut ist die Bedingung für Reichtum: Lohn- und Sozialdumping sind die notwendige Bedingung für Reichtum, daher ist die Abschöpfung hoher Einkommen verursachungsgerecht.
  4. Einen Ausgleich bieten ein Grundeinkommen für alle ergänzt um einen Mindestlohn, um der Ausweitung des drohenden Lohndumpings begegnen zu können.