Ralf Einert

DER WELTGEIST - Werk 2:

Analysen zu einem Wandel in der Wirtschaftspolitik

Bruttoinlandsprodukt

Im Allgemeinen wird das Bruttoinlandsprodukt als Variable betrachtet, die sich durch wirtschaftspolitische Maßnahmen beeinflussen lässt. Die Erhöhung des Wachstums wäre somit richtigerweise ein Lösungsinstrument zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Im Sinne skeptischen Zweifelns werden daher an dieser Stelle die Einflussgrößen des Bruttoinlandsprodukts und seiner Variablen analysiert. Das Bruttoinlandsprodukt ergibt sich aus den Faktoren Bevölkerung, Erwerbstätigenquote, Arbeitszeit und Produktivität.

Wenn in der Abbildung geschrieben steht, dass ein Faktor nicht beeinflussbar ist, heißt das nicht, dass politisches Handeln grundsätzlich wirkungslos ist: Natürlich kann beispielsweise die Bevölkerungsentwicklung durch zukunftssichernde Maßnahmen für die Jugend oder das Wirtschaftswachstum durch eine vernünftige Geldpolitik oder Stärkung der Inlandsnachfrage beeinflusst werden. Es soll aber heißen, dass diese Faktoren langfristig übergeordneten Gesetzmäßigkeiten unterworfen sind. Politisches Handeln kann deshalb nur kurzfristige Veränderungen herbeiführen. Unter der Annahme, dass die hiervon betroffenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen bereits optimiert sind, ergeben sich folgende Gesetzmäßigkeiten für die einzelnen Faktoren:

  1. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird einerseits von den gesellschaftlichen Strukturen bestimmt. Industrienationen sind zudem aber auch einem Lebenszyklus unterworfen, der in der Sättigungsphase maßgeblich durch das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen geprägt ist. (Jedes zusätzliche Wachstum hat einen geringeren Nutzen.)
    (BIP = Funktion des Gesetzes vom abnehmenden Grenznutzen:     nicht beeinflussbar)
  2. Die Bevölkerungsentwicklung hängt von den Geburten und Sterbefällen ab und ist aufgrund der großen Zahl statistischen Gesetzmäßigkeiten unterworfen. Sie ist für einen langen Zeitraum vorhersehbar.
    (Bevölkerung = Funktion der Statistik:     nicht beeinflussbar)
  3. Die Erwerbstätigenquote (ETQ) als Verhältnis der arbeitenden Menschen zur Gesamtbevölkerung ist im Rahmen der demografischen Entwicklung variabel. Nur Kinder und Senioren stehen als Erwerbspersonen nicht zur Verfügung.
    (ETQ = Funktion der demografischen Entwicklung und des politischen Willens:     variabel)
  4. Die Arbeitszeit ist prinzipiell frei wählbar und wird von den Tarifparteien bzw. dem Gesetzgeber festgelegt. Von der Grundversorgung der Menschen abgesehen gibt es kein "Naturgesetz", das eine bestimmte Arbeitszeit vorschreibt.
    (Arbeitszeit = Funktion des politischen Willens:     prinzipiell variabel)
  5. Die Produktivität hängt von der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung ab, die sich durch hohe Anforderungen beschleunigt. Das heißt, hohe Anforderungen beschleunigen die evolutionäre Entwicklung.
    (Produktivität = Funktion der Prinzipien der Evolutionslehre:     bedingt beeinflussbar)

Folglich ist das Bruttoinlandsprodukt selbst eigenen Gesetzmäßigkeiten unterworfen und kann - unter der Voraussetzung optimaler Rahmenbedingungen - im Wesentlichen nicht durch andere wirtschaftspolitischen Maßnahmen beeinflusst werden. Doch wie in bereits in der Schule gelehrt wird, muss eine Gleichung mindestens eine Variable enthalten. An diese Stelle bleiben als Variable die Erwerbstätigenquote und die Arbeitszeit übrig.