Ralf Einert

DER WELTGEIST - Werk 2:

Analysen zu einem Wandel in der Wirtschaftspolitik

Maßnahme 1: Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung

1a): Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung

Skizzierung:

Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung an Arbeitszeit koppeln
(je geringer die Arbeitszeit, desto geringer der Prozentsatz)

Ziele:

1. Anreiz zur Verringerung der Arbeitszeit für die Arbeitnehmer und dadurch
2. Anreiz zur Erhöhung der Zahl der Arbeitnehmer für Arbeitgeber
3. Erhöhung der Erwerbstätigenquote

Zielkonflikte:

1. Benachteiligung forschungsintensiver Unternehmen
2. Individuelles Bestreben zur Maximierung der Einkommen

Probleme:

1. Nachweis und Dokumentation der Arbeitszeit
2. Ausnahmen für Forschung & Entwicklung und Non-Profit-Organisationen


1b): Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung

Skizzierung:

Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung an Umsatz je Mitarbeiter koppeln
(je geringer der Umsatz je Mitarbeiter, desto geringer der Prozentsatz)

Ziele:

1. Erhöhung der Zahl der Arbeitnehmer (durch Arbeitszeitverkürzung)
2. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit arbeitsintensiver Betriebe
3. Erhöhung der Erwerbstätigenquote

Zielkonflikte:

1. Verringerung des Anreizes zur Erhöhung der Produktivität und damit
2. indirekte Subventionierung unproduktiver Unternehmen

Probleme:

1. Möglichkeiten der Finanzakrobatik
2. Ausnahmen für Banken, Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften?


Beschreibung der Maßnahme:

In Vorgriff auf die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens gemäß Maßnahme 4 ergibt sich folgende Besonderheit: Die Arbeitslosen- und die gesetzliche Rentenversicherung sind aufgrund der Zahlung eines Grundeinkommens nicht mehr erforderlich. Deshalb könnten die Lohnnebenkosten sinken. Die Vorschläge zur Änderung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung basieren jedoch auf der Annahme, dass der aktuelle Anteil von etwa 20% auf die Bruttolöhne für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Summe konstant bleibt. Um die Ausführungen allgemein verständlich zu halten, wird nach wie vor von der Sozialversicherung gesprochen, tatsächlich müsste für diese Abgaben ein neuer Name gefunden werden.


Beschreibung Maßnahme 1a): AN-Anteile zur SV

Da der Lohnverzicht basierend auf der Verkürzung der Arbeitszeiten nicht allein durch die mögliche Erhöhung der Stundenlöhne kompensiert werden kann, bedarf es weiterer Anreize, so dass der Nettolohn nicht proportional mit der Arbeitszeit verknüpft ist. Dazu können die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung an die Arbeitszeit gekoppelt werden. Je geringer die Arbeitszeit, desto geringer ist der Prozentsatz.

Wenn der Nettolohn nur unwesentlich sinkt, steigt die Bereitschaft der Beschäftigten, kürzere Arbeitszeiten zu vereinbaren. In Verbindung mit dem Anreiz für Unternehmen - aufgrund eines geringen Arbeitgeberanteils gemäß Maßnahme 1 - viele Menschen zu beschäftigen, sinkt die Arbeitslosigkeit und die Erwerbstätigenquote steigt.

Es stellt sich die Frage, inwieweit die Menschen bereit sind, überhaupt Einkommen gegen Freizeit zu tauschen, selbst wenn der Einkommensverlust nur gering ausfällt. Hier gilt es, das Gemeinwohl gegen Einzelinteressen abzuwägen. Der Verfasser hält es für zumutbar und notwendig, auf wenig zu verzichten, wenn damit allen Menschen eine Perspektive geboten und die Sozialsysteme gesichert werden können.

Es wird gelegentlich behauptet, dass Wissenschaft und Forschung bzw. kreative Tätigkeiten lange Arbeitszeiten erfordern. Lange Arbeitszeiten bedeuten jedoch gemäß dieser Maßnahme hohe Lohnnebenkosten. Damit wären forschungsintensive Unternehmen benachteiligt. Doch andererseits erfolgt eine Kompensation über niedrige Arbeitgeberanteile gemäß Maßnahme 1 bei geringen Umsätzen. Darüber hinaus ist auch erfolgreiche Wissenschaft und Forschung eine Frage guter Organisation. Da die rein kreativen Phasen eben auch nur endlich sind, können die organisatorischen Abläufe auf kurze Arbeitszeiten abgestimmt werden. Außerdem ist der Zwang, mehr in Bildung zu investieren nicht von Nachteil. Den Rest erledigt der Markt.

Für die Umsetzung der Maßnahme bedarf es lediglich eines Beschlusses des Gesetzgebers.

Das Berichtswesen der Unternehmen ist so zu gestalten, dass es verpflichtend ist, alle relevanten unternehmerischen Kennziffern - nachweisbar für die kontrollierenden Behörden - aufzubereiten. Die Dokumentation der Arbeitszeiten ist allerdings auch leicht manipulierbar, indem Arbeitszeiten einfach unterschlagen und durch höhere Stundenlöhne kompensiert werden. Vertragsverhandlungen könnten so ablaufen: "Ich schreibe weniger Stunden auf, Sie bezahlen mir einen höheren Stundenlohn." Ein Regulativ könnte sein, dass Arbeitnehmer dann doch den höheren Stundenlohn für die tatsächliche Arbeitszeit verlangen. Nicht zu leugnen ist, dass diese Manipulierbarkeit ein ernst zu nehmendes Argument gegen diese Maßnahme ist.

Zu klären wäre darüber hinaus, ob Ausnahmen für Forschung und Entwicklung sowie Non-Profit- Organisationen sinnvoll sind.

Die prozentuale Staffelung in Abhängigkeit von der Arbeitszeit soll so gestaltet werden, dass das Gesamtaufkommen der Sozialversicherung in etwa konstant bleibt. Eine Finanzierung ist daher nicht erforderlich. Die Maßnahme ist aufkommensneutral zu gestalten.


Beschreibung Maßnahme 1b): AG-Anteile zur SV

Der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung ist an den Umsatz je Mitarbeiter zu koppeln. Je geringer der durchschnittliche Umsatz je Beschäftigten ist, desto geringer ist der Prozentsatz. Wenn ein Unternehmen viele Arbeitnehmer beschäftigt, sinken die Lohnnebenkosten. Dadurch besteht der Anreiz, kurze Arbeitszeiten zu vereinbaren. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Beschäftigung steigt. Damit verbunden ist die Erhöhung der Erwerbstätigenquote, die entscheidend für die Sicherung der Sozialsysteme und Renten ist. Darüber hinaus bieten die gesunkenen Lohnnebenkosten Spielraum zur Erhöhung der Stundenlöhne.

Manchmal stimmen Vor- und Nachteil überein. So erhöht sich einerseits die Wettbewerbsfähigkeit arbeitsintensiver Betriebe, andererseits führen niedrige Lohnnebenkosten in gleicher Weise dazu, dass die Anreize sinken, die unternehmerischen Prozesse zu optimieren. Damit verbunden ist die indirekte Subventionierung unproduktiver Unternehmen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist gefährdet.

Für die Umsetzung der Maßnahme bedarf es lediglich eines Beschlusses des Gesetzgebers.

Das Berichtswesen der Unternehmen ist so zu gestalten, dass es verpflichtend ist, alle relevanten unternehmerischen Kennziffern - nachweisbar für die kontrollierenden Behörden - aufzubereiten. Doch die Möglichkeiten der Finanzakrobat insbesondere großer und international tätiger Konzernverbünde wie beispielsweise die Vermischung von Umsetzung aus operativen Geschäften und reinen Finanztransaktionen bieten die Gelegenheit, die eigentlichen Ziele dieser Maßnahme zu untergraben. Ob und in welcher Form es daher Ausnahmeregelungen für Unternehmen, bei denen Geld Selbstzweck ist, geben muss, wäre noch zu klären, sollte es einen gesellschaftlichen Konsens zur Umsetzung der Maßnahme geben.

Die prozentuale Staffelung in Abhängigkeit von der Zahl der Beschäftigten je Umsatz soll so gestaltet werden, dass das Gesamtaufkommen der Sozialversicherung in etwa konstant bleibt. Eine Finanzierung ist daher nicht erforderlich. Die Maßnahme ist aufkommensneutral zu gestalten.